Auf russisches Gas verzichten? Wegen der Vertragslage nicht so einfach…
- Schriftgröße Schriftgröße verkleinern Schrift vergrößern
Russland liefert kein Gas? Falsch! Die Ukraine stoppt unseren Gaszufluss. Die Russen wären auch dumm...
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow: „Die Ukraine hat angekündigt, dass sie ein Drittel ihrer Gaslieferungen nach Europa, insbesondere nach Ostdeutschland, einstellt. Sie müssen wissen, dass wir jeden Tag Kohle im Wert von 4,3 Millionen Euro, Öl im Wert von 40 Millionen Euro und Gas im Wert von 22 Millionen Euro erhalten. Öl und Gas werden zuerst in den östlichen Teil des Landes geliefert. In der Glasindustrie sprechen wir zum Beispiel von 7.000 Arbeitsplätzen, die einfach wegfallen werden.“ Die Arbeitsplätze in der bayerischen Glasindustrie hat Ramelow natürlich nicht mitgezählt. Naja, sind insgesamt ja auch nur 10.000 Familien, die direkt betroffen sein werden. Peanuts, wird sich Frau Baerbock denken.
Wenige Tage später teilte Naftogaz dann mit, dass es den Gastransit über den Knotenpunkt Sohraniwka-Nowopskiw unterbricht, weil das Gebiet Lugansk, in dem sich dieser Knotenpunkt befindet, nicht mehr unter der Kontrolle Kiews steht.
Naftogas ist der staatliche ukrainische Energiekonzern und im Öl- und Gasmarkt tätig. Naftogaz beschäftigt ca. 170.000 Angestellte und erwirtschaftet nach Regierungsangaben 1/8 des BIP der Ukraine.
Kiew hat die Kontrolle über Luhansk aber bereits seit acht Wochen verloren – aber die zwei Monate lang funktionierte der Gastransit normal.
„Gazprom hat keine Bestätigung für das Vorliegen höherer Gewalt erhalten und sieht keine ernsthaften Hindernisse für die Fortsetzung des Betriebs. Die ukrainischen Spezialisten arbeiten ruhig an den Kompressorstationen Sogranovka und Novopskov und tun das auch weiterhin. Der Transit von Russland wurde in vollem Umfang durchgeführt und es gab und gibt keine Beschwerden von den Vertragspartnern. Gazprom kommt seinen Verpflichtungen gegenüber den europäischen Verbrauchern in vollem Umfang nach und liefert Gas in Übereinstimmung mit dem Vertrag und den Vereinbarungen; die Transitleistungen wurden vollständig bezahlt“, sagte Gazprom dazu. Also Business as usual…
Kurz vorher hatte der französische Präsidenten Macron vor dem Europäischen Parlament allerdings betont: „Wir alle wissen sehr gut, dass der Beitrittsprozess [der Ukraine zur EU ] mehrere Jahre, wahrscheinlich sogar mehrere Jahrzehnte dauern wird.“
Am nächsten Tag sagte der ukrainische Außenminister Kuleba in einem Interview mit der Financial Times, dass Europa [die Ukraine ] schon wieder betrüge, und die Ukraine das nicht hinnehmen werde.
Sofort sank die durch die ukrainische Transitpipeline gepumpte Gasmenge um ein Drittel, was kein Zufall sein dürfte, während die Preise sofort auf 1.200 Euro pro tausend Kubikmeter anstiegen. [Der langfristige Gazprom-Preis lag bei ca. 250 bis 300 € pro 1000 Kubikmeter.]
Das deutsche Wirtschaftsministerium erklärte, dass das keine große Sache sei, denn die reduzierten Lieferungen können durch erhöhte Lieferungen aus den Niederlanden und Norwegen ausgeglichen werden. Aber diese Mengen muss man jemand anderem wegnehmen, denn es gibt kein überschüssiges Gas. Norwegens Ministerpräsident Stoere sagte: „Wir werden halten, was wir versprochen haben, und alles tun, was wir können, um in der schwierigen Situation, in der sich Europa befindet, stabil zu sein. Im Moment pumpen wir so viel wir können. Und dann werden wir sehen. Aber wir arbeiten mit voller Kapazität“. Und die norwegischen und holländischen Lagerstätten sind so gut wie leer. Aber das kümmert einen Habeck nicht und keine Baerbock.
Europa mag ja vielleicht in der Lage sein, seinen derzeitigen Bedarf zu decken, aber es wird sehr viel schwieriger werden, ausreichende Vorräte für den Winter anzulegen. Das norwegische Unternehmen Rystad Energy, das auf Energiemarktanalysen spezialisiert ist, warnte, dass der Preis für tausend Kubikmeter Gas bis zur neuen Heizsaison 3.500 Euro erreichen wird. Das bedeutet dann mehr als eine Verzehnfachung des Gaspreises im Vergleich zum Preis russischen Gases aus den NorthStream-Pipelines.
Und dann dürfen wir wohl mit einer Firmen- und Privat-Pleitewelle rechnen, denn nicht einmal Deutschlands Firmen können sich solche Preise leisten, von den Privatkunden ganz zu schweigen. Da wird sich am Wohnungsmarkt Interessantes tun…
Die Prognose der norwegischen Analysten berücksichtigt offenbar bereits, dass Russland begonnen hat, auf Sanktionen und Angriffe zu reagieren: In dieser Woche beendete die russische Gazprom alle Beziehungen zu seinen früheren Tochtergesellschaften in Deutschland und Polen, die vor etwa einem Monat von den deutschen und polnischen Behörden enteignet worden waren.
„Die Verhängung von Sanktionen gegen die Tochtergesellschaften von Gazprom Germania bedeutet, dass diese Töchter (jetzt in deutschem Staatsbesitz) neue Lieferverträge abschließen müssen. Diese Verträge werden zu höheren Preisen ausgehandelt werden müssen“, sagte der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck. Was er meinte, sind Weltmarkt- und Spotmarktpreise. Und am Weltmarkt konkurrieren wir vor allem mit Japan, China und Korea um knappe Gasressourcen – interessanterweise zahlen die Asiaten ihre immensen Rechnungen für US-Frackinggas mit US-Schuldverschreibungen, von denen Analysten befürchten, dass sie irgendwann in Bälde wertlos werden könnten, wenn es China und Russland gelänge, ihre Im- und Exporte nicht mehr in Dollar sondern in Yüan und Rubel zu begleichen. Deshalb sind denen die von den USA berechneten Preise (fast) egal. Meines Wissens haben wir solche Schätzchen aber nicht in großem Maße.
Alles, was Bearbock, Habeck und Scholz (nicht zu vergessen die gelben Zwerge von der FDP) bisher erreicht haben: Höhere Preise für alles. Und zwar wirklich alles. Nicht nur dessen, für deren Produktion man Erdgas braucht. Dünger kostet schon das Dreifache, Tendenz steigend, Rindfleisch das Dreifache, Tendenz steigend, Paprika das Dreifache, Tendenz steigend. Ich meine, nur mal so… Na gut, und Überstunden in den Waffenschmieden. Sogar die maroden Pleitewerften in MV finden plötzlich Käufer, weil man auf denen Kriegsschiffe bauen kann.
Während Frau Baerbock diese Woche in Kiew mit der stolzen Ankündigung für Aufsehen sorgte, dass Deutschland auf russisches Gas verzichten werde, stellte Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil in Berlin fest, dass ein Verzicht auf russisches Gas Deutschland in eine Stagflation führen würde, bei der die Inflation | Geldentwertung mit einer Stagnation der Wirtschaft einhergeht. Verstehen Sie das? Ich nicht!
Vielleicht meinte Baerbock ja auch nur, dass es Pläne gäbe, auf russisches Gas zu verzichten. Aber so einfach ist das nicht, denn der geltende Vertrag (auf den wir uns ja immer beziehen, wenn wieder einmal davon geredet wird, dass Putin uns mit einem Stopp der Gaslieferungen erpressen will) läuft bis 2030. Und zwar über 40 Milliarden Kubikmeter pro Jahr – und Deutschland muss für genau diese 40 Milliarden Kubikmeter bezahlen, egal um wieviel es seinen Verbrauch senkt. Das macht dann überschlagsmäßig 10 Milliarden € pro Jahr, für die wir nix kriegen – nur für Deutschland. Quelle: Gazprom.
Nun stell Dir mal (ganz verrückt) vor, „Putin“ liefert weiter Gas, dreht uns den Gashahn nicht ab, und wir sagen, Danke, kein russisches Gas mehr – was dann? Das deutsche Außenministerium äußert sich aber nicht zu solchen Petitessen.
Ich sag´ ja nix: Aber das mindeste, was ein Rechtsstaat tun muss, ist doch wohl, seine eigenen Verträge einzuhalten! Der Rechtsstaat war doch der unsrige, oder?
Ich bin gespannt, wie es weitergehen wird – vor allem wenn im nächsten Jahr die Nebenkostenabrechnungen für die Mieter kommen werden…